Vor kurzem durfte ich 3 Fragen für einen Artikel bei den ABtown Ladies beantworten:

Was war der Auslöser für dich, nachhaltige Kleidung zu produzieren?

Da gab es mehrere Gründe.

Einen Anstoß gab meine liebe Nachbarin, die mich gefragt hat, ob ich für sie eine Latzhose aus einem nachhaltigem Material nähen könnte. Auf der Suche nach dem passenden Material sind wir auf Leinenstoffe gestoßen und ich war ganz begeistert von der Vielfalt der Farben und natürlich von dem Material selbst. Leinen ist in der Herstellung zwar etwas aufwändig, dafür aber ein Naturstoff, der vom Anbau bis zum Weben nachhaltig sein kann. So bin ich zum Leinenstoff gekommen.

Ein weiterer Grund für meine Entscheidung zu selbst gefertigter Leinenkleidung sind die oftmals schlechten Arbeitsbedingungen in Fernost und den Aufwand, den man betreiben muss, um Materialien zu finden, die auch mit gutem Gewissen verwendet werden können.

Zudem stand ich selbst oftmals frustriert im Klamottenladen und musste für mich feststellen: zu viel Synthetik, hergestellt in Fernost und meistens passte es außerdem nicht so, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich wollte mehr FAIRness, mehr Individualität. Also dachte ich mir: „Warum nicht selbst nähen?“, besann mich auf meinen ursprünglich gelernten Beruf der Schneiderin und Bekleidungstechnikerin und beschäftige mich seitdem intensiver mit der Thematik.

 

Welches Zertifikat bei Kleidung ist am Nachhaltigsten?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten und in den meisten Fällen eigentlich nicht konkret zu benennen, denn bei jeder neuen Herstellung nutzen und verbrauchen wir Ressourcen.

Für mich bedeutet Nachhaltigkeit, dass ein Produkt von der Herstellung bis zum Abbau so ökologisch wie möglich ist. Was wir als nachhaltig empfinden ist aber sicherlich zum Großteil mit eigenen Erfahrungen gekoppelt und wir haben da bestimmt ähnliche Vorstellungen.

Es gibt einige Siegel, die beim Kauf beachtet werden können. Viele kennen bestimmt bereits das GOTS Siegel (global-standard.org). Es taucht zurzeit häufiger auf und auch Ökotex (oeko-tex.com) ist inzwischen an vielen Textilien zu sehen. Auch Fairtrade (fairtrade-deutschland.de) dürfte auch einigen ein Begriff sein. Darüber hinaus gibt es weiter Siegel, wie z. B. IVN (naturtextil.de), Der Grüne Knopf (gruenerknopf.de) und Fair wear (fairwear.org).

Ein Zertifikat kann auf jeden Fall eine Hilfestellung bei der Wahl von nachhaltigen Textilien sein. Sie befreien uns allerdings nicht davon, unsere Konsumentscheidungen zu überdenken und zu hinterfragen. Eine transparente Lieferkette finde ich persönlich inzwischen sogar wichtiger als Zertifikate. Und je kürzer Lieferwege gehalten werden, desto besser und nachvollziehbarer für die Kaufentscheidung. In einem solchen Fall kann es dann auch gerne ein Produkt eines nicht zertifizierten, lokalen Herstellers sein.

 

Welche Kleidungsstücke sind die umweltschädlichsten?

Mhh, wo fang´ ich da nur an? Dazu muss etwas weiter ausgeholt werden. In der „Fast Fashion Industry“ (es gibt sogar eine „Ultra Fast Fashion Industry“) werden jedes Jahr etwa 24 Kollektionen auf den Markt gebracht, um auf Trends zu reagieren. Viele davon werden zu Schnäppchenpreisen angeboten, oftmals in schlechter Qualität aus synthetischen Fasern. Diese Kleidungsstücke werden in Billiglohnländern produziert, d. h. kein Mindestlohn und kaum menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Hier gibt es auch nicht wirklich Standards dafür, wie im Umgang mit Chemikalien bei Hautkontakt und in Abwässern oder der Müllproblematik umgegangen werden soll. Unser Umweltproblem hier bei uns ist also auch in diesem Bereich nur ins Ausland verschoben. Die Kosten, die bei uns eingespart werden, schlagen woanders z. B. bei der Natur zu Buche und schließlich gelangt es doch wieder zu uns zurück.

Hinzu kommt, dass ein Kleidungsstück als Ganzes betrachtet meist mehrere 100 Betriebe durchläuft, bis es bei uns im Laden hängt. Das wiederum bedeutet eine hohe CO2-Belastung. In dieser riesenhaften Herstellungskette gibt es schon viele Punkte, die ein Kleidungsstück nicht nachhaltig sein lassen.

Aber auch nach dem Kauf geht es weiter. Da die Preise niedrig sind, werden oft mehrere Teile gekauft, die dann meist im Kleiderschrank verschwinden und gar nicht getragen werden. Dann landen sie später im Altkleidercontainer und von dort aus wird nur ein kleiner Teil zu neuen Fasern recycled. Ein anderer Teil geht ins Ausland um dort weiter getragen zu werden oder - wie ich vor Kurzem gesehen habe - als Brennmaterial zu dienen. Hier wurden also Ressourcen unnötig verschwendet.

Außerdem sind, wie bereits erwähnt, viele Kleidungsstücke aus Synthetikfaser, die beim Waschvorgang Microplastik abgeben, welches wiederum im Abwasser landet.

Auch VERMEINTLICH nachhaltige Kleidungsstücke dürfen nicht unbeachtet bleiben. Zwar ist beispielsweise Baumwolle eine Naturfaser und somit genaugenommen biologisch abbaubar. Allerdings wird auch in der Herstellung und Weiterverarbeitung von Baumwolle Wasser verbraucht, Chemie verwendet und Energie eingesetzt.

Alles in Allem meine ich: Jedes Kleidungsstück, das zu viel produziert wurde, ist ein umweltschädliches Kleidungsstück.

 

Danke für die tollen Fragen 😉.